Montag, 28. März 2011

Wie erkenne ich die Gebetszeiten

Jeden Ramadan fangen die Muslime überall auf der Welt an zu diskutieren, warum man sich nicht auf den Beginn und das Ende des Fastenmonats einigen kann. Der springende Punkt ist neben Nationalismus auch eine islamische Frage: Soll man sich auf die Mondsichtung oder den Kalender verlassen? Hierzu haben sich zahlreiche Gelehrte geäußert und es ist hinlänglich bekannt, dass die Mondsichtung in Hadithen erwähnt wurde und auf jeden Fall die sicherere Entscheidung ist, wobei die Berechnungen mancher islamischer Länder recht genau sind.

Doch verhält es sich bei den täglichen fünf Gebeten nicht anders: Sie werden astronomisch berechnet und jeder akzeptiert dies. Fast jeder, die islamischen Gelehrten, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, warnen vor allem beim Morgengebet davor, sich auf den Kalender zu verlassen. Der Grund: Fast alle Kalender geben eine Zeit an, die viel zu früh ist, das heißt, hielte man sich an den Kalender, würde man außerhalb der Zeit beten.

Woher kommt dieses Problem?
Die Kalender werden von Astronomen berechnet, die sich anscheinend mit den Regeln der islamischen Gebetszeiten nicht wirklich auskennen.
Zum Morgengebet:
Man unterscheidet bei der Dämmerung bei den Astronomen drei Arten: die astronomische, nautische und bürgerliche Dämmerung. Islamisch ist die bürgerliche Dämmerung uninteressant, doch die Unterscheidung zwischen astronomischer und nautischer Dämmerung ist wichtig.
In den Gebetskalendern wird die astronomische Dämmerung angegeben, diese wird in den Hadithen als "trügerische Dämmerung bezeichnet: "Die Dämmerung ist nicht so - wobei der Prophet seine Hände zusammendrückte - sondern so - wobei er seine Arme horizontal ausbreitete." (Buchari, Muslim). Das erste Morgenlicht (Abb: 1) breitet sich vertikal - nach oben hin - aus, und nicht in die Breite, dies ist die astronomische Dämmerung im Gebetskalender. Dann folgt die nautische Dämmerung, bei der - wie im Hadith - das Morgenlicht den ganzen Horizont erkennen lässt. Erst zur zweiten "echten" Dämmerung (Abb: 2) darf man das Morgengebet verrichten. Zwischen den beiden Dämmerungsphasen vergehen je nach Jahreszeit zwischen 15 und 45 min. Hier könnt ihr erfahren, wann bei euch die nautische Dämmerung beginnt, einfach die Stadt eingeben und bei den astronomischen Angaben nach der nautischen Dämmerung suchen. Wer dies nicht wusste, den trifft natürlich keine Schuld, "Allah bürdet keiner Seele mehr auf, als sie zu tragen vermag".
Mit dem bloßen Auge sind diese Dämmerungsphasen nur auf dem Land fernab von Lichtquellen mit etwas Übung zu erkennen.
Das Morgengebet endet mit dem Sonnenaufgang (Abb: 1), dieser ist in den Kalendern recht genau angegeben, meist mit einem Sicherheitsabstand von ca 5 min. In astronomischen Tabellen von Zeitungen und Internetseiten wird jedoch die Zeit angegeben, zu der die Sonne vollständig aufgegangen ist (Abb: 3)

Das Mittagsgebet:
Es beginnt, wenn die Sonne den Zenit - den höchsten Punkt am Himmel - überschritten hat. Dieser Sonnenhöchststand ist je nach Jahreszeit unterschiedlich hoch. Die Kalender geben hier meist eine ziemlich korrekte Zeit an, jedoch immer circa 10 - 15 später. Daher muss man aufpassen, wenn man vorher noch das Duha-Gebet beten möchte.
Achtung: Der Höchststand bedeutet nicht, dass die Sonne keinen Schatten wirft, dies gibt es nur in der tropischen Konvergenzzone (etwa ab Mekka und Assuan), es bleibt ein gewisser Restschatten. Bei uns ist der Sonnenhöchststand (während dieser Zeit darf man nicht beten), wenn der Schatten am kürzesten ist. Zur Berechnung des Nachmittagsgebets braucht man die Länge dieses Schattens zum Sonnenhöchststand.

Das Nachmittagsgebet:
Hier gibt es zwei Meinungen:
1. Mehrheit der Gelehrten: Wenn der Schatten eines Gegenstandes so lang ist, wie er selbst (Abb: 2).
2. Hanafiten: Wenn der Schatten doppelt so lang ist, wie der Gegenstand selbst (Abb: 3).
Doch muss man bedenken, dass ja zum Sonnenhöchststand ein kleiner Rest an Schatten verbleibt, diesen Rest muss man natürlich addieren.
Beispiel:
Ein Gegenstand ist 20 cm lang, zum Sonnenhöchststand bleibt ein Schatten von 2 cm.
Das heißt, dass das Nachmittagsgebet beginnt, wenn der Schatten so lang ist wie er selbst + Restschatten, das heißt 20 Länge + 2 cm Restschatten = 22 cm.
Nach der Meinung der Hanafiten wären es: 2 x 20 cm (doppelt so lang) + 2 cm (Restschatten) = 42 cm.

Die meisten Gebetskalender im deutschsprachigen Raum werden von türkischen Moscheen herausgebracht, weshalb die hanafitische Rechnung zugrunde liegt. Das heißt, nach der Meinung der Mehrheit darf man bereits früher beten und darf dementsprechend auch das Mittagsgebet nicht so lange hinausschieben.

Das Abendgebet:
Zum Abendgebet gibt es keine Probleme: Die Kalender sind relativ genau, sie addieren meist 5 oder 10 min aus Sicherheit. Das Abendgebet beginnt, wenn die Sonnenscheibe vollständig untergegangen ist (Abb: 6). Hier ist bei astronomischen Tabellen in Zeitungen und Internetseiten Vorsicht geboten: Die angegebene Zeit bezieht sich auf den Beginn des Sonnenuntergangs, also sobald die Sonnenscheibe den Horizont berührt (Abb: 4). Diese Zeit gehört islamisch gesehen zur verbotenen Zeit.


Das Nachtgebet:
Das Nachtgebet beginnt, sobald die Abendröte (Abb: 2) vollständig verschwunden ist. Betrachtet man den Himmel nach Sonnenuntergang, stellt man fest, dass dort, wo die Sonne untergegangen ist, zuerst ein orange-gelbes Licht bleibt, das immer dunkler wird, bis es sich rot färbt, dann wird der Lichtrest immer kleiner und färbt sich lila. Man muss nicht nur das Ende des roten Anteils der Dämmerung (Abb: 1) abwarten, sondern auch das Verschwinden des lila Anteils (Abb: 2). In den meisten Kalendern ist eine weit spätere Zeit angegeben.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen